Individuelle Voraussetzungen für digitales Lernen

Es ist davon auszugehen, dass die Digitalisierung von Erwachsenenbildung zu einer Ausdifferenzierung der anvisierten Zielgruppen führt. Nicht alle TeilnehmerInnen einer Bildungsveranstaltung werden in gleichem Maße von den (ergänzenden) digitalen Lernangeboten profitieren. Daneben wird es zudem eine ganze Reihe von potentiellen TeilnehmerInnen geben für die digitales Lernen grundsätzlich nicht infrage kommt.

Neben Unzulänglichkeiten was die digitale Kompetenz angeht ist die Teilnahme an Online-Veranstaltungen der Erwachsenenbildung insbesondere abhängig von dem Vorhandensein der technischen Voraussetzungen, d.h. nicht zuletzt der finanziellen Leistungsfähigkeit. Problematisch ist außerdem, dass die für das digitale Lernen unerlässliche Fähigkeit zu selbst organisiertem Lernen bei ansonsten eher bildungsfernen TeilnehmerInnen nur gering ausgeprägt ist. Es besteht deshalb die Gefahr, dass diese immer weiter abgehängt werden.

Unterschiedliche Interessen

Nur ein geringer Teil der Lernenden dürfte so anhaltend technikbegeistert sein, dass sie eine Vorreiterrolle beim Ausprobieren immer neuer Anwendungssoftware oder Bildungsformate einnehmen wollen und können. Dann – und auch damit müssen beide Seiten erst einmal umgehen – haben sie den Lehrenden allerdings oft einiges voraus.

Die überwiegende Mehrheit sowohl der Lernenden als auch der Lehrenden dürfte eher von äußeren Zwängen, aber auch dem ständigen Bemühen mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten getrieben sein. Im Hinblick darauf wurde in der Vergangenheit oft die Angst etwas Wichtiges zu verpassen (FOMO = Fear of Missing out) thematisiert und ignoriert, dass es daneben auch den ebenso verständlichen Wunsch nach digitaler Abstinenz (JOMO = Joy of missing out) gibt.

Der Wunsch nach Präsenzveranstaltungen ist unverändert da! Das gilt insbesondere für die dritte Gruppe (oft ältere TeilnehmerInnen), die bereits jetzt von den technischen Entwicklungen abgehängt ist und für die es zukünftig immer schwerer werden wird noch einen Einstieg in das digitale Lernen zu finden.

Technische Ausstattung und Internetzugang

Auch wenn inzwischen fast alle Erwachsenen über ein internetfähiges Endgerät verfügen macht es für das digitale Lernen eben doch einen Unterschied, ob die TeilnehmerInnen mit einem Smartphone auf dem Sofa sitzen oder ein vollausgestatteter Arbeitsplatz eventuell sogar in einem separaten Raum für das digitale Lernen zur Verfügung steht.

Die Digitalisierung von Erwachsenenbildung schreitet vermutlich gerade deshalb dort voran wo es um die berufliche Qualifizierung gibt. Bei den Zielgruppen für diese Bildungsangebote dürfte zum einen bereits die vorhandene technische Ausstattung besser sein und zum anderen aber auch die Bereitschaft in notwendiges technisches Equipment zu investieren. Für sie gilt es konkurrenzfähig zu bleiben um auch zukünftig den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen zu können.

Bildungsgewohnheiten (Selbstlernkompetenz)

Ja, es gibt lerngewohnte Personenkreise wie SchülerInnen, StudentInnen und AkademikerInnen für die selbst organisiertes Lernen selbstverständlich ist und die sowohl über Internetzugang als auch Technikkompetenz verfügen. Diese machen jedoch nur einen Bruchteil der typischen Zielgruppen der Erwachsenenbildung aus.

Die meisten anderen Zielgruppen brauchen eine engere Begleitung und Betreuung durch die Lehrenden wenn das digitale Lernen gelingen soll. Dies gilt zum Beispiel insbesondere dann, wenn vorbereitendes, eigenständiges Lernen (Prinzip der Flipped courses) die Voraussetzung beispielsweise für die Teilnahme an einem Webinar ist.